Hand-geschmiedete Billhook

Für diverse Grünschnittarbeiten an Hecken und im Unterholz habe ich mir jetzt eine Billhook besorgt, zu deutsch auch Gertel oder Hippe.

Die Klinge hat einen recht breiten Rücken und ist schwer genug um ähnlich wie ein Beil zu wirken, aber aufgrund der Länge kann man auch noch eine schneidende Komponente in die Bewegung mit reinbringen.

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Ethymologisch ist es übrigens korrekt, das Gerät als weiblich anzusprechen, das englische Wort “Billhook” entspricht nämlich der plattdeutschen Form von “Beil-Hacke”, welche eine Hippe oder Gertel bezeichnet und hat nix mit “Rechnung” (Bill) oder “Haken” (Hook) zu tun ;)

Damit werden in England wildschwein-dichte Einfriedungen von Äckern durch umlegen von Hecken (“Hedge-Laying”) gemacht, wobei die Äste nicht komplett durchgeschnitten werden, sondern nur soviel das man sie umlegen kann und durch den restlichen bestehenden Bast/Rinde-Komplex können weiterhin Nährstoffe transportiert werden, so das sich wieder Triebe ausbilden können und die Hecke sich damit insgesamt verdichtet.

Siehe folgendes Video:

In dem Video wird auch darauf eingegangen, dass sich jeweils regions-typische Unterformen oder Varianten dieses Geräts ausgeprägt haben, insbesondere kommt dort der “Devon”-Typus zum Einsatz. Bei meiner Billhook handelt es sich um eine “Newtown”-Billhook, zumindest laut Herstellerbezeichnung, welche wohl aus einer benachbarten Gegend stammt und (bis auf eine Kerbe) nahezu identisch damit ist.

Zu Beginn des Videos wird auch eine historische Schmiede gezeigt, wo der “Devon”-Typ hergestellt wird. Dabei handelt es sich um eine historische, mit Wasserkraft betriebene Schmiede, namentlich die Finch-Foundry, aus Sticklpath in Devon.

Meine Billhook stammt aus der davon 16 Meilen entfernten Morris-Schmiede in Dunsford und ich konnte doch tatsächlich im Internet auch ein kleines Video finden, welches den alten Morris bei der Arbeit zeigt:

http://www.reading.ac.uk/merl/online_exhibitions/ruralcrafts/thefilms/edgetoolmaker.html

Wer das Angebot (und die Kataloge) des Hand-Werkzeuge-Spezialisten Dictum kennt, der weiss, dass die Angabe bzw. das Brand der jeweiligen Hand-Schmiede eine Art Gütesiegel darstellt. Und, ja, das kann ich gut nachvollziehen, ich fand es nämlich auch spannend zu sehen, wo und wie genau meine Billhook angefertigt wurde … manchmal sind das Internet und der damit verbundene Global-Village-Effekt ja doch recht nützlich ;)

Eine weitere gewisse Befriedigung verschaffte mir übrigens auch die Feststellung, das kein geringerer als his royal majesty Charles, Prince of Wales anscheinend ebenfalls eine Newtown-Billhook benutzt, um in den Bio-Gärten seines Anwesens Highgrove das Hedge-laying zu betreiben, was ich folgender Webseite (die Billhook-Seite schlechthin !!!) entnehmen konnte:

http://billhooks.co.uk/royal-billhooks/

Ich habe die Billhook über ebay bezogen, für 40,- EUR. Nicht gerade wenig, aber angesichts der besonderen Qualität die ein solches handgefertigtes Produkt erwarten lässt sicher angemessen. Und ich hatte im Vorfeld schon seit längerem nach einer gebrauchten Billhook geschaut, aber die waren kaum billiger, da von Antiquitätensammlern recht begehrt und so hab ich mich für ein neues Teil entschieden, dessen Herstellung aber sicherlich kaum traditioneller und authentischer sein kann, d.h., hier ist das Wissen und die Erfahrung vergangener Jahrhunderte der Menschheitsgeschichte mit eingeflossen.

Und das macht sich im Gebrauch bemerkbar. Ich habe mir das Teil lange gewünscht, weil ich schon öfters Situationen rund um Hof und Garten hatte, wo das aufgrund seiner Schneidefähigkeit noch besser passt als jedes Beil, denn auch wenn ich es hier im traditionellen Kontext mit dem Hedge-Laying präsentiert habe, so ist es doch ein recht universelles Werkzeug im breiten Kontext mit allem was mit Grünholzbearbeitung zu tun hat.

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