Bau eines rustikalen Tischs im Landhausstil

Hier ein kleiner build-report zu meinem neuen Küchentisch aus massivem Fichtenholz.

Ich wohne in einem sehr alten Bauernhaus, das 1783 von meinem Urur…ur-großvater Jakob-Friedrich gebaut wurde.

Als ich jetzt kürzlich einen neuen Tisch für die Hofküche brauchte, beschloss ich selbst einen zu bauen. Nicht nur, weil ich ja eh oft und gern etwas mit Holz mache und es von daher wohl angemessen erscheint, sondern auch, weil ein Tisch zu bauen eine dankbare Aufgabe ist (genau wie übrigens auch ein Bett), denn man muss nicht sooo wahnsinnig super genau arbeiten bis auf den tausendstel Millimeter, wie das der Fall wäre, wenn man bewegliche Teile wie Klappen, Schubladen oder degleichen hätte, wo anhand der sich bewegenden bzw. verändernden Fugen jede Ungenauigkeit sofort sichtbar ist, indem die Fugen sehr weit oder nicht ganz parallel sind. Bei einem Tisch reicht es also völlig, etwa auf 1 od. 2 mm genau zu bauen, was i.d. Regel auch problemlos möglich ist.

Vom Design her sollte der Tisch einfach gehalten sein, aber recht stabil und wuchtig, in einem zeitlosen rustikalen Stil, was am besten erreicht werden kann durch eine Massiv-Holz-Bauweise. Die Tischbeine sind dabei mit dem Rahmen verbunden durch Schlitz- und Zapfen-Verbindungen.

Schlitz und Zapfen verbindungen

Schlitz und Zapfen verbindungen

diagonale_aussteifung

Ich habe sie in diesem Fall nicht verleimt oder dergleichen, sondern sie werden durch Quer-Verschraubungen an Ort und Stelle gehalten. Auch die einzelnen Bretter der Tischplatte von etwa 20 cm Breite sind nicht miteinander verleimt, sondern mit Querleisten verschraubt und dadurch im Verbund gehalten.

Tischplatte, mit einzeln verschraubten Planken.

Tischplatte, mit einzeln verschraubten Planken.

Rein technisch gesehen ist das eher suboptimal, weniger von wegen der Stabilität, sondern eher aus praktischen Erwägungen heraus: Zwischen den Planken entsehen somit nämlich kleine Fugen, in welchen sich Krümel und sonstiger Schmodder, den man beim Tischabwischen mit dem Lappen so vor sich herschiebt natürlich wunderbar in diesen Ritzen festsetzen kann (sozusagen als “bio-organischer Fugenmörtel” ;) ).

Deshalb habe ich vorher lange hin und her überlegt, ob ich das wirklich so machen sollte, aber mich schliesslich doch dafür entschieden, denn gerade durch solche Fugen als Stil-Element ensteht dieser typisch mittelalterliche Cottage-Style, den ich sehr schätze und mir eigentlich auch im Vorfeld ganz genau so vorgestellt habe. Das zweite wichtige Stil-Element ist die Breite der Planken von sagenhaften 20 cm.

D.h., i.d. Realität sind es wohl eher 19 cm, denn ich habe diese Bretter aus rohen Fichtenbohlen zugeschnitten und selbst abgerichtet und gehobelt. Genau diese Breite trägt massgeblich zu dem gewünschten Effekt mit bei und man sieht das sowohl an mittelalterlichen Tischen und Möbeln, als auch an alten Holzfussböden in Burgen oder Landhäusern. Derartig breite Planken bedingen oder belegen unterschwellig auch ein hohes Maß an Authentizität (“echt alt”), was schlicht an dem Umstand liegt, das ab einer gewissen Breite Holz sehr anfällig wird für die Bildung von Rissen, weshalb man stattdessen heutzutage üblicherweise dann eher Leimholz verwenden würde.

brett_closeup

Oder eben schmalere Breiten. So ist es zB. nicht oder kaum möglich, Rauhspund für Bretter-Fussböden (zumindest standardmässig) in breiter als 11 od. 12 cm zu bekommen, weil sich natürlich kein Hersteller antun will, später Ärger mit seinen Kunden wg. Rissbildung zu bekommen und Leimholz wäre wohl zu teuer. Und noch teurer richtig breite Planken, ich will aber nicht ganz ausschliessen, dass es sowas im Luxussegment durchaus geben mag, aber für den Normalverbraucher ist es kaum erschwinglich und deswegen sieht man so richtig breite Bretter in Fussböden und Möbeln meist nur da, wo sie eben wirklich schon ein paar Jahrhunderte alt sind. Früher war man da wohl nicht ganz so pingelig bzw. es mag vielleicht auch mit daran gelegen haben, dass die Leute in früheren Zeiten vielleicht auch ein etwas besseres Gefühl dafür hatten, ob ein Holz reissen würde oder nicht und dem wahrscheinlich auch durch entsprechende (Handwerks-)Techniken entgegengewirkt haben.

Genau wie ich auch bei meiner Tischplatte, ich habe die rohen Fichtenboden nämlich vorher ein oder zwei Jahre gut abgelagert und dann einfach diejenigen rausselektiert, die bis dahin keine Risse hatten.

Im Übrigen habe ich als ein in der Moderne Lebender noch einen kleinen Bonus-Vorteil auf meiner Seite: Sollten sich später doch noch irgendwelche Risse bilden kann ich ja so tun, als ob das so gewollt sei, denn es unterstreicht natürlich deutlich das Merkmal “rustikal” – mithin ein Grund, warum ich diese Stilrichtung so mag, sie ist einfach sehr verzeihlich ;)

Ein Nebeneffekt dabei ist, dass der ganze Tisch nun somit komplett bis in jedes einzelne Holz-Bauteil zerlegbar ist, was gerade bei einem sehr großen Tisch im Falle von Umzügen sehr nützlich sein kann. Ich hoffe allerdings, damit nie mehr umziehen müssen und das der Tisch die nächsten hundert Jahre an seinem Platz stehen wird. Aber auch ohne Umzug bietet das noch einen Vorteil: Sollten sich doch noch Risse bilden, kann ich eine einzelne Planke auch ggflls. problemlos austauschen und ersetzen … falls ich das dann überhaupt will.

Apropos Größe, der Tisch ist mit 218 x 94 cm eigentlich ziemlich lang. Ursprünglich waren nur 180 cm Länge geplant gewesen, aber ich hatte die Planken nunmal in 224 cm Länge und konnte es einfach nicht übers Herz bringen, die soweit einzukürzen und damit quasi kaputt zu schneiden. Ausserdem ergab es sich, dass diese Überlänge auch von der Location her, also meiner Küche, gerade noch soeben gut passt, ohne allzu sperrig zu wirken oder dass man Gefahr läuft, sich dauernd an einer Tischecke zu stossen.

Joa, und so wie die Dinge liegen passen da jetzt 8 Leute dran anstatt nur 6 bei einem 180er Tisch. Und dadurch, dass er größer und etwas wuchtiger ist wirkt er natürlich noch ein bischen mehr Landhaus-mässig und etwas mehr Platz auf dem Tisch ist auch in praktisch-ergonomischer Hinsicht durchaus von Vorteil. Ich bin also rundum glücklich damit.

ikea_like

Die Oberfläche habe ich mit 240er Schleifpapier zunächst sehr fein geschliffen (was eine sehr angenehme, fast samtweiche Haptik beim berühren ergibt) und danach mit Leinöl behandelt, was nach meiner Überzeugung eh das beste und dauerhafteste Finish auf Holz und auch schon bereits küchen-erprobt ist indem es der Oberfläche auch eine gewisse Robustheit verleiht.

Während dem Bau habe ich ein paar Bilder gemacht und diese vorhin zu einer Art Mini-buildreport als Slideshow zusammengefasst und auf meinen Youtube-channel hochgeladen. Ihr könnts Euch dort anschauen unter

https://www.youtube.com/watch?v=cXpGGgoEnNw

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